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Der bedingte Reflex nach Pavlow

sind wir wirklich frei in unserem Denken, Fühlen, Handeln?


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Wikipedia: Pawlow

Einen unbedingten Reflex kennt jeder: Der Arzt klopft mit seinem Hämmerchen aufs Knie, und sofort bewegt sich der Unterschenkel nach vorne. Diese Funktion ist (im Rückenmark) fest verdrahtet, sie kann weder gelernt noch vergessen oder verhindert werden, sie funktioniert ohne Bedingungen in jedem Fall (solange man gesund ist)-> also unbedingt!

Es gibt am menschlichen (und tierischen) Körper eine Vielzahl derartiger Reflexe. Ohne diese könnten wir nicht leben. Ohne den Patellarsehnenreflex (Knie) könnten wir nicht aufrecht stehen, die geringste Störung brächte uns zu Fall. All diesen unbedingten Reflexen ist gemeinsam: sie sind einfach und zumeist im Rückenmark festgelegt.

Nun gibt eine noch größere Anzahl von höheren Reflexen, die meist mehrere Bedingungen einschließen und kompliziertere Funktionen auslösen. Wenn sich z.B. ein Gegenstand sehr schnell auf Ihr Gesicht zubewegt, so schließen sich die Augenlider. Das funktioniert so schnell und zuverlässig, daß nur sehr selten etwas in das geöffnete Auge trifft. Versuchen Sie das mit Ihrer eigenen Hand, so gelingt Ihnen problemlos, die Augen offenzuhalten, solange sie das Auge selbst nicht berühren (das wäre dann ein anderer Reflex). Da werden also vor der Ausführung des Reflexes offensichtlich Bedingungen abgefragt, die zudem noch variabel sind! Mit etwas Übung werden Sie vielleicht fertigbringen, nicht zu blinzeln, wenn Sie ein anderer bedroht: dann gelten Sie als besonders mutig! Offenbar kann man diesen Reflex mit dem Willen beeinflußen!

Allerdings sind auch Funktionen denkbar, die dem Willen sicher nicht zugänglich sind! Versuchen Sie mal, die Sekretion Ihres Magensaftes zu beeinflußen. Es wird Ihnen nicht gelingen! (Sie werden sich auch schwer tun, den Erfolg dieses Versuchs zu beurteilen.) Aber genau dieses hat Herr Pawlov als Basis für sein berühmtes Experiment gewählt, wenn auch nicht mit Menschen, sondern mit seinen nicht minder berühmten Hunden. Logischerweise und auch nachweisbar ist die Produktion von Magensaft mit dem Verzehr von Nahrung gekoppelt. Nachdem der Hund sein Futter geschluckt hat, wird zur Verdauung Magensaft produziert. Erstaunlicherweise mußte Herr Pawlov feststellen, daß die Magensaftsekretion schon vor dem Schlucken der Nahrung beginnt; der Anblick des Futters reicht schon aus, um die Sekretion zu starten. Um das Ganze noch abzusichern, hat Herr Pawlov vor der Fütterung noch eine Glocke geläutet. Er hat dokumentiert, daß er mit diesem Verfahren die Magensaftsekretion seiner Hunde durch ein Glockensignal starten konnte. Er konnte also einen ursprünglich sinnvollen Reflex durch trickreiche Versuchsanordnung auf einen völlig absurden Auslöser umprogrammieren! Für diese Entdeckung bekam er auch richtig einen Nobelpreis!(1904)

Mittlerweile hat man herausgefunden, daß viele, wenn nicht alle Körperfunktionen nach diesem System funktionieren. Hier ein Beispiel, das jeder an sich selbst testen kann:

Von Kind an sind wir an den Genuß von süßen, zuckerhaltigen Lebensmitteln gewöhnt. In unserem Stoffwechsel wird die erste Station zur Verarbeitung des Zuckers von dem Hormon Insulin gesteuert. Kommt nach dem Genuß von Süßem der Zucker im Blutkreislauf an, so wird er unter der Einwirkung von Insulin weggeschafft, zum Verbrauch oder zur Einlagerung (als Fett). Getreu nach Pawlov reicht es bereits aus, etwas Süßes auch nur zu sehen, um die Erzeugung von Insulin zu beginnen, denn wir haben uns wie die Pawlov'schen Hunde von Kind an darauf trainiert. Wenn nun tatsächlich kein Zucker im Blut ankommt, weil wir das Süße vielleicht nur in der Fernsehwerbung gesehen haben, so ist dennoch das Insulin schon im Blut und bewirkt eine Absenkung des Blutzuckers. Niedriger Blutzucker hat Heißhunger zur Folge. Man braucht dann schon einen sehr starken Willen, um dann dem Verlangen nach dem Inhalt des Kühlschrankes zu widerstehen!

Ein Schelm, der Böses dabei denkt!